Eigentlich hatten wir heute Morgen vor, mit dem Wassertaxi die Cathedral Cove zu besichtigen. Cathedral Cove ist ein riesiger bogenförmiger Höhlendurchgang in einem weissen Felsvorsprung, der zwei abgeschiedene Buchten verbindet. Der an eine Kathedrale erinnernde Bogen lässt den Ort majestätisch und imposant wirken. Der Sandstrand mit Schatten spendenden Pohutukawa-Bäumen entlang des Ufers ist ein idealer Ort zum Schwimmen und für ein Picknick.

Direkt dem Strand von Cathedral Cove vorgelagert befindet sich ein grosser, hoch aufragender Felsen aus Bimsstein und Brekzien, der unter dem Namen „Te Hoho“ bekannt ist. Seine Form haben ihm über die Jahrhunderte Wind und Wasser gegeben: Heute sieht er aus wie der Bug eines grossen Schiffes, das in die Bucht einläuft.

Aber wie wir bereits mehrfach erlebt haben, mit den Schiffen haben wir es nicht so. Und so kam es, dass an diesem Morgen aus unerklärlichen Gründen kein Wassertaxi zu den Cathedral Coves fuhr. Damit wir wenigstens aus der Ferne eine Idee der Sehenswürdigkeit bekamen, fuhren wir zu einer Aussichtsplattform, von der aus ein dreiviertelstündiger Weg zu den Cathedral Coves hinunter führt, was wir allerdings Flurin nicht zumuten konnten. So mussten wir uns mit dem Bild von der Plattform aus zufrieden geben. Eigentlich war dort gar kein Parkplatz, nur ein kleiner Dropoff. Hajo liess uns raus und drehte eine Runde zurück ins Dorf. Damit er doch noch wenigstens einen Blick auf die Felsen werfen konnte, setzte ich mich in der Dropoff-Zone bei laufendem Motor pro forma auf den Fahrersitz (diesen Trick wandten wir aber auch nur an, weil es kaum Leute und Fahrzeuge hatte).

So setzten wir halt unverrichteter Dinge unsere Fahrt fort. Obwohl die Strasse der Küste entlang führte, musste unser Wohnmobil(sowie der Fahrer) ganze Arbeit leisten, um all die Berge hochzukraxeln und die vielen Windungen und Kurven zu bewerkstelligen. Kurz vor dem Ziel gab die letzte Erhebung den Blick frei auf die Coromandel Halbinsel, der Bucht von Coromandel, dem Umland sowie dem Meer, und weit in der Ferne der Stadt Auckland. In Coromandel machten wir noch ein paar Einkäufe, bevor wir unseren Standplatz auf dem Camping inspizierten. Da gerade Ebbe herrschte und der Zeitpunkt zum Baden im Meer somit nicht ideal war (Morgen früh soll es gut sein), stellten wir, zum Leidwesen von Flurin, um und buchten die Driving Creek Railway. Eigentlich besteht da die Möglichkeit, ab einem Alter von sechs Jahren mehrere Ziplines vom Berg hinunter zu fahren. Alina hätte das zu gerne gemacht und hätte das bestens (auch mit dem Englisch, das sie fleissig einsetzt) bewerkstelligt, aber the rules besagen hier, dass sie (auch mit unserer Erlaubnis) nicht alleine, ohne zusätzliche erwachsene Person, hätte mitgehen dürfen. Sie war entsprechend enttäuscht. So haben wir einfach das Zügli gemeinsam gemacht, nicht ohne vorher kräftig Mückenspray aufzutragen, denn die üblen Biester (wir haben nach wie vor Flecken von den ersten Stichen) sind wieder zu ungebetenen, treuen Begleitern geworden. Es war sehr spannend, wie das kleine Bähnli im Zickzack, mit Spitzkehren (das erinnerte uns an die Fahrt nach Machu Picchu) und kleinen Brücken durch stark bewachsenes Gebiet den Berg hochschlängelte.

Die Driving Creek Railway (DCR) ist eine Park- und Bergbahn in Coromandel auf der Coromandel Peninsula der NordinselNeuseelands. Die Steigung der Strecke beträgt abschnittsweise mehr als 7 %. Sie ist damit eine der steilsten reinen Adhäsionsbahnen der Welt. Die Fahrzeit (für Hin- und Rückfahrt einschließlich einer Pause im Endbahnhof) beträgt etwa eine Stunde.

Die Schmalspurbahn hat eine Spurweite von 381 mm und eine Streckenlänge von 2,7 km (ohne Abzweige). Der Talbahnhof Pottery befindet sich in der Töpferei. Die Bahn liegt in einem topografisch anspruchsvollen Gelände und erklimmt dabei einen Höhenunterschied von 110 Metern. Sie steigt am Steilhang eines Berges bis auf eine Höhe von 167 m über NN auf. Dabei befährt sie 5 größere Brücken, 3 Tunnel und 5 Spitzkehren. Sie endet an einer Aussichtsplattform, die – in phonetischer Anlehnung an die englische Aussprache für „Eiffelturm“ – den Namen Eyefull Tower trägt. Zum Eyefull Tower gehört in einem separaten Gebäude eine Toilettenanlage, die hinsichtlich des Stils an die von Friedensreich Hundertwasser gestaltete Hundertwassertoilette in Kawakawa erinnert.

Eine der Brücken ist eine Doppelstockbrücke (Spannweite 13,90 m) und vielleicht die einzige der Welt, die im Zuge derselben Eisenbahnstrecke (nach Durchfahren einer Kehrschleife) zweimal auf unterschiedlichen Ebenen genutzt wird. Es darf immer nur ein Zug – entweder auf der oberen oder der unteren Ebene – zur gleichen Zeit die Brücke queren. Alle Tunnel waren während der Bauphase zunächst sehr steil angelegte und relativ tiefe Einschnitte, die nachträglich in Tunnel umgebaut wurden. Von den Spitzkehren ist besonders die Spitzkehre Nr. 5 bemerkenswert, deren Ende sich auf einer brückenartigen Konstruktion befindet, die in großer Höhe über und in ein Tal hineinragt. Neben den beiden Bahnhöfen an den Streckenenden gibt es mittig den Bahnhof Hoki Mai, der ein Ausweichgleis aufweist.

Erbauer der Strecke ist der Töpfer Barry Brickell. Er kaufte 1961 nördlich der Stadt Coromandel ein Grundstück, um eine Töpferei zu betreiben und eine Gartenbahn zu errichten. Diese hatte eine Spurweite von 266 mm, einen 20-Meter-Tunnel und eine Holz-Fachwerkbrücke, die sich in einer 180-Grad-Kurve befand. Die Anlage wurde 1968 um ein 250 Meter langes Gleis über ein Nachbargrundstück zu einem Töpferofen und einer Tongrube verlängert. Diese erste Bahn wurde 1973 abgebrochen und das Material größtenteils für den Bau der Nachfolgeanlage verwendet.

1973 kaufte Barry Brickell ein 24 Hektar großes Anwesen, um das Eisenbahn- und ein landschaftliches Rekultivierungsprojekt in größerem Maßstab angehen zu können. Ihm geht es dabei um ein harmonisches Gesamtwerk aus Mensch, Natur und Technik. Nach Vermessen des ersten Abschnitts der Strecke, die durch Vermessungspflöcke im Abstand von 10 Metern vom Talbahnhof aus markiert wurde – ein System, das noch heute der „Kilometrierung“ dient –, errichtete er ab 1974 den ersten Abschnitt seiner zweiten Bahnanlage. Vorbild waren Feldbahnen, „Bushtramways“, die Ende des 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Neuseeland im Forstbetrieb eingesetzt wurden. Das Gleismaterial stammte zunächst aus Anlagen stillgelegter Kohlebergwerke in Huntly, Rotowaro und Benneydale, später vom städtischen Bauhof von Wellington. Finanziert wurde das Projekt zunächst aus den Einnahmen des Töpfereibetriebes, dann durch Bankkredite und durch Einnahmen aus dem Tourismus. Seit 1984 zeichnete sich ab, dass die Einnahmen aus dem Betrieb einer auf Touristen zielenden Eisenbahn die aus dem Töpfereibetrieb übersteigen würden. Ab 1988 wurde die Bahn als touristische Attraktion beworben. Da noch ohne staatliche Genehmigung für den Personenverkehr, wurde zunächst lediglich um eine Spende gebeten, was allerdings nur dürftige finanzielle Resultate erzielte. 1990 erhielt sie dann offiziell die staatliche Genehmigung, Personen befördern zu dürfen, womit nun auch Fahrkarten verkauft werden durften. Die offizielle Eröffnung fand am 20. Oktober 1990 statt.

Es dauerte 28 Jahre, bis der Endausbauzustand der Strecke 2002 erreicht war. Die Bahn ist eine der wenigen Eisenbahnstrecken, die in Neuseeland während der letzten Jahrzehnte neu errichtet wurden.

Das Gelände, das die Bahn durchfährt, ist weitgehend mit einem Regenwald aus indigenen Pflanzen Neuseelands renaturiert, nachdem der ursprüngliche Urwald hier Mitte des 19. Jahrhunderts vollständig abgeholzt worden war, um landwirtschaftliche Nutzfläche zu gewinnen. Entlang der Bahnstrecke sind zahlreiche Kunstwerke aus der Töpferei platziert und viele technische Anlagen, etwa Böschungen, künstlerisch gestaltet.

Zurück am Campingplatz nahmen wir kurz vor Sonnenuntergang noch eine Abkühlung am Pool, denn die Temperaturen waren in den letzten Tagen doch ziemlich konstant bei tagsüber feuchten ca. 25 Grad.

Dank besserer Leitung und uneingeschränktem Internetzugang hatten wir die Möglichkeit, unseren Blog wieder einmal auf den aktuellen Stand zu bringen. Dafür gab es zwei Optionen: den Abend draussen bei kühleren Temperaturen, dick eingesprayt in bester Gesellschaft mit vielen Sandflies zu verbringen, oder ins Wohnmobil zu flüchten. Jedem das Seine…

Hot Water Beach Coromandel II