Da sich mein Husten trotz der zehn Tage Antibiotika immer noch nicht verabschiedet hat, ja, gar wieder schlimmer wurde, hatten wir gestern entschieden, nochmals einen Arzt aufzusuchen. Dies gestaltete sich allerdings gar nicht so einfach, denn aufgrund des morgigen Canada Day machen viele Kanadier einen Brückentag.

Im Hotel hatten wir eine Adresse erhalten, mussten jedoch feststellen, dass diese ziemlich weit entfernt war. Auf dem Weg kamen wir an einer Apotheke vorbei, welche auch als Walking-Clinic gekennzeichnet war. Der anwesende Apotheker erklärte uns, dass sie zur Zeit keinen Arzt haben und bisher keinen gefunden hätten. Ausserdem sei Canada Day Weekend und deshalb viele Arztpraxen geschlossen. Er fragte mich nach meinen Beschwerden und empfahl mir ein codeinhaltiges Medikament, das ich gleich besorgte. Nun hoffe ich, dass ich ohne Arzt auskomme und den Husten endlich los werde. Bei wunderbarem, sonnigem Wetter spazierten wir zur Canada Place und konnten an allen Strassenecken die Vorbereitungen zum Canada Day beobachten.

In der Nähe dieses Platzes steht die grosse Fackel, wo das olympische Feuer 2010 brannte. Wir buchten unsere Fahrt zum Grouse Mountain, dem Hausberg von Vancouver und konnten kurze Zeit später in den Shuttlebus steigen, der uns durch den Stanleypark über die Lions Gate Bridge zur Talstation der Luftseilbahn (einmal mehr ein Schweizer Fabrikat der CWA) brachte. 8 Minuten später waren wir bereits auf 1231 Meter über Meer. Im Winter wird hier Ski gefahren. Alina hatte gleich die Ziplines ins Visier genommen, kam aber bitter enttäuscht und weinend zurück, denn sie war für dieses Abenteuer noch zu klein und zu leicht. In einem nahe gelegenen umzäunten Gebiet entdeckten wir auf einem Rest Schnee zwei Grizzlybären, welche sich balgten und neckten.

Schön daran zurück zu denken, dass wir diese in der Freiheit beobachten durften. Wir spazierten zur nahe gelegenen Sesselbahn, welche im Billett inbegriffen war. Dort wurden wir aber gleich von den jungen Bahnbetreibern herausgepflückt: Kinder unter einem Meter Grösse dürfen nicht mitfahren. Alina schaffte die Latte (es wurde tatsächlich mit einem Stab gemessen), Flurin hatte natürlich keine Chance. Deshalb teilten wir uns auf und ich ging alleine mit Alina auf den Gipfel, während Hajo und Flurin (unter Protest) nochmals zu den Bären gingen. Ich hatte es bald schon beinahe bereut, die Fahrt zu machen, denn die Sesselbahn war seeeeehr seeeehr langsam und die Sessel nicht gerade kinderfreundlich (auch nichts für Holländer). Wer im Winter hier Ski fahren geht muss morgens mit der ersten Bahn hochfahren damit er bis Betriebsschluss wenigstens zwei mal in den Genuss einer Abfahrt kommt! Oben angekommen haben wir die Aussicht genossen und ein paar Fotos geknipst. Leider verdeckten ein paar Wolken die Sicht über Vancouver. Endlich wieder unten angekommen nahmen wir an der Bergstation einen kleinen Imbiss, bevor wir wieder mit der Luftseilbahn zurück zu Tale gondelten. Unten angekommen hatten wir erneut Glück und erwischten den Bus, der gleich in die Innenstadt zurück fuhr. Auch am Canada Place klappte es wie am Schnürchen, der Hop-on-hop-of-Trolley war gerade vorgefahren und wir konnten gleich reinhüpfen. Wir machten damit eine längere dreiviertel Rundfahrt bis nach Gastown und zu seiner bekannten Steamclock.

Gastown ist nach einem gesprächigen, in Yorkshire geborenen Saloon Besitzer namens John Deighton (Spitzname: Gassy Jack) benannt. Gassy Jack erschien mit einem großen Whiskyfass auf der Südseite vom Burrard Inlet und versprach den Arbeitern des Sägewerks soviel Whisky wie sie trinken können, wenn sie ihm dabei helfen würden, eine Kneipe zu bauen… Hierzu stimmten sie ein und errichteten den Saloon in nur 24 Stunden! Die aus roten Ziegeln erbauten Häuser in Gastown sind ebenso typisch für diesen ältesten Stadtteil wie das Kopfsteinpflaster, die alten Straßenlaternen und die berühmte Dampfuhr (Steam Clock). Sie sieht zwar alt aus, wurde aber erst 1977 gebaut und ist die einzige weltweit. Wir liessen es uns nicht nehmen, in diesem schönen Quartier den Hunger zu stillen und besuchten das mehrfach gelobte Old Spaghetti Factory, ein trendiges Restaurant in dieser Gegend. Draussen setzten wir uns an einen Tisch und konnten dem Treiben auf der Strasse zusehen.

Wir liessen es uns aber nicht entgehen, einmal einen Blick ins Innere des Lokals zu werfen. Hier steht mitten im Raum ein offener Eisenbahnwagen, in dem auch einige Tische gedeckt sind. Später schlenderten wir zurück an die Waterfront, vorbei an der Canada Place zurück zu unserem Hotel. An diesem Abend stellten wir uns um neun Uhr extra ans Balkongeländer, um die Nine o’clock gun dieses Mal nicht zu verpassen (die letzten Abende hatten wir sie nicht gehört). Danach mussten wir noch ein- und umpacken (die dicken Kleider sollten wir jetzt endgültig verstauen können), denn Morgen früh geht es zum Flughafen und wir setzen unsere Reise in den USA fort. Wehmütig nehmen wir Abschied von Kanada, wo wir so viel schönes erlebt haben. Wir freuen uns aber auch auf ein paar schöne, sonnige und warme Tage in Californien, auf ein paar besondere Highlights, Sehenswürdigkeiten und ein Wiedersehen mit lieben Freunden.

Vancouver Downtown & Stanleypark Southern California