Tagwache war heute bereits um 06:30 Uhr, Hajo hatte einen Wecker gestellt. Es war sehr kalt in unserem Wohnmobil. Nachdem wir unsere Kinder wach bekommen und sie für die ersten Kilometer im Pyjama in ihre Autositze gesteckt hatten, fuhren wir los, den Kicking Horse Pass runter Richtung Lake Louise.
Am Lower Spiral Tunnel Viewpoint machten wir nochmals einen kurzen Halt. Aber ich hatte (auch dieses Mal) leider kein Glück, es kam kein Zug. Kurz vor Lake Louise bogen wir auf den Icefields Parkway. Wir hatten etwas Hoffnung, an diesem schönen, frühen Morgen Wildlife zu sehen. Auf unserem Weg zum Icefield Centre boten sich einige sehenswerte Stopps an. Als erstes hielten wir am Herbert Lake an, der aber noch total verschlafen wirkte. Ebenfalls sehr ruhig und verlassen wirkte der Bow Lake mit der geschlossenen Num-Ti Jah Lodge, die wegen ihres roten Daches bekannt ist. Die schneebedeckten Berge, an denen wir entlang fuhren, erstrahlten im Sonnenlicht und so bot auch der Crowfoot Glacier einen wunderschönen Anblick.
Dazu passend klapperte eine grosse schwarze Krähe bettelnd alle Fahrzeuge ab.
Der Spaziergang am Bow Summit erwies sich als entsprechend kurz, da die Zufahrt Richtung Peyto Lake noch geschlossen und zugeschneit war.
Zwei Tourenfahrer spannten gerade ihre Felle und zogen auf ihren Skiern von dannen. Am wunderschönen Waterfowl Lake, in dessen Wasser sich ganze Berge spiegelten, machten wir einen grösseren Stopp, kochten Milch, frühstückten und steckten unsere Kinder in ihre Kleider. Am Mistaya Canyon bot sich eine kurze Wanderung zur Brücke an. Mit ungezügeltem Vorwärtsdrang formte und polierte der junge Mistaya River die engen Kalksteinwände der Schlucht. Teilweise war das Wasser kaum mehr zu sehen, aber dafür zu hören. Am Saskatchewan Crossing, 77 km nördlich von Lake Louise, füllten wir sündhaft teuer Benzin auf – einzig positives: die Windschutzscheibe wurde geputzt und der Ölstand kontrolliert. Sehenswert war etwas später die Weeping Wall 27 km nördlich (die wir zuerst wegen spärlicher Beschilderung verpassten), eine Felswand, aus der sich eine Vielzahl von Wasserfällen herabstürzt (allerdings hatte es relativ wenig Wasser). Am Big Bend Hill ging es wenig später in einer weiten Kurve über den North Saskatchewan River bergauf.
Vom schönen Aussichtspunkt oben an der Strasse schweiften unsere Blicke über das tief unten liegende schattige Tal und die bizarr aufgefalteten, steilen Gipfel. Über den 2030 Meter hohen Sunwapta Pass querten wir schliesslich die unsichtbare Grenze zwischen Jasper und Banff National Park. Wir waren etwas enttäuscht, dass wir auf dem ganzen Weg – ausser einem Hasen – keine Tiere gesehen hatten. Bevor wir uns zum Icefield Centre aufmachten, suchten und reservierten wir einen Standplatz auf dem nahe gelegenen Wilcox Creek Campground. Am Icefield Centre – Busse mit Asiaten bekommen den Platz beim Eingang, Wohnmobile müssen fernab abgestellt werden – genossen wir bei schönem Wetter die Aussicht auf das Columbia Icefield und den Athabascagletscher und füllten unsere Mägen mit einem Zmittag im dortigen Cafe. Irgendwie reizte es mich doch sehr, eine Gletschertour mit dem Icefield Explorer zu machen, auch wenn der Ausflug teuer und ausgefallen war. Hajo lockte eine Fahrt mit den riesigen busähnlichen Fahrzeugen mit Spezialreifen. Flurin findet eh jeden Bus spannend, seinen Adleraugen entgeht keiner und Alina hat Spass an Schneeballschlachten. Als wir die Preise für noch erschwinglich einstuften (für die Kinder mussten wir noch nichts bezahlen), standen wir auch schon in der Kolonne zu den Billettschaltern. Das Wetter war an diesem Tag besser als für Morgen prophezeit und am Morgen fuhren sie erst um zehn Uhr, was uns zu spät erschien, also buchten wir noch eine Tour am späten Nachmittag. Nach einiger Wartezeit wurden wir mit normalen Bussen den Berg hinaufbefördert, wo wir in einer Haltestation in die riesigen Gefährte umstiegen. Die grössten Touristenströme waren um diese Zeit bereits abgezogen, so dass wir genügend Platz im Bus hatten. Einige Leute von Jasper her kommend erzählten, dass sie drei Bären und einen Luchs gesehen hätten, wir konnten also auf unserer Weiterfahrt am nächsten Tag hoffen, noch Wildlife zu Gesicht zu bekommen. Im Schneckentempo krochen die Riesengefährte den Berg hoch.
Mit 32% Gefälle (!) ging es schliesslich zum Gletscher hinunter. Nach einem üppigen „Fussbad“ brausten wir rauf aufs ewige Eis. Der Explorer kraxelte die gespurte Schneestrasse zu einem Aussichtsplateau hoch, wo wir aussteigen und Fotos machen durften. Die üblichen Schneebälle flogen uns um die Ohren, Bilder von den Gletschern und atemberaubenden, schneebedeckten Berge wurden geschossen und die kanadische Fahne (und eine von Touristen mitgebrachte brasilianische) wurden geschwenkt.
Pünktlich fuhr uns unsere Fahrerin Mel (wir sahen ausschliesslich Frauen am Steuer) und anschliessend Katie zurück zum Icefield Centre. Wir hatten alle riesig Spass an dem Ausflug. Für unseren fahrzeugbegeisterten Sohn kauften wir im Souvenirshop einen kleinen Spielzeugexplorer in der Grösse 1:46. Überaus müde schlenderten wir zu unserem Wohnmobil zurück und waren froh, als wir nach kurzer Fahrt auf unserem Standplatz am Camping ankamen. Alle waren ausgesprochen müde und nach einem kalten, kleinen Znacht überaus früh im Bett. Ob es diese Nacht wieder so kalt werden würde?