Für einmal hatte nicht Alina sondern Hajo als erster Tagwache und bereitete das Wohnmobil schon für die Abfahrt vor. Wir hofften dadurch, auf dem Weg nach Radium Hot Springs noch Wildtiere beobachten zu können. Hierfür war früh morgens die Wahrscheinlichkeit wohl am höchsten und wir wollten dafür extra die Landstrasse anstelle des Highways nehmen.

Die Kinder setzten wir in ihren Pyjamas in ihre Sitze, sobald sie wach waren. Wir fuhren nochmals durch das Städtchen Banff. Am Ausgang des Ortes sahen wir ein Polizeifahrzeug mit Blaulicht am Strassenrand stehen, dahinter hatte ein Parkranger das Auto abgestellt, nahe liegend also, dass sich irgend ein Wildtier in der Nähe aufhielt. Tatsächlich konnten wir noch rasch einen Blick auf einen Bären erhaschen, der nahe der letzten Häuser in einem Wäldchen rumstöberte. Leider konnten wir nicht analten und mussten unsere Fahrt fortsetzen. Bald schon konnten wir aber wieder Halt machen, denn wir hatten nicht daran gedacht, dass die Landstrasse infolge Strassenarbeiten in der Nacht geschlossen war und erst wieder um acht Uhr geöffnet wurde. So nutzten wir die Zeit, um den Kindern eine warme Milch zu servieren und ein kleines Frühstück einzunehmen. Kaum unterwegs trafen wir auf einen Wapitihirsch mit wunderschönem Geweih am Strassenrand, der sich durch nichts stören liess.

Leider blieb es bei dieser einzigen Wildbeobachtung auf diesem Strassenabschnitt. Etwas später kreuzten wir den Highway und bogen ins Kootenay Valley ab. Nach einem weiteren Halt fuhren wir weiter bis zum Fireweed Trail durch den Bereich des Vermilion Pass Burn, Grenze zwischen Alberta und British Columbia und gleichzeitig Wasserscheide zwischen Atlantik und Pazifik. Hier hatte ein Waldbrand 1968 eine grosse Waldfläche zerstört. Es gab hier zwei Wanderwege, ein kurzer und ein längerer, welche durch das Gebiet führten und teils mit Informationstafeln ausgeschildert waren. Da der erste Weg uns so gut gefallen hatte, nahmen wir gleich den zweiten auch noch unter die Füsse. Es ging über Stock und Stein auf- und abwärts über Schneeresten und weiche Waldböden. Alina hatte viel Spass am Wandern, Flurin auf Papis Rücken ebenfalls, wobei er immer wieder seinen Sherpa ärgerte und stupfte. Einen nächsten Halt für eine Wanderung machten wir am Marble Canyon. Auch hier führte der Weg über Stock und Stein durch 2003 nach einem Blitzeinschlag abgebrannte Wälder, entlang des tosenden Flusses, der sich teils in grossen Tiefen durch den engen Canyon schlängelte.

Die Sonne schien und wir nahmen uns vor, insbesondere für die Kinder das nächste Mal einen Sonnenschutz auf solche Ausflüge mitzunehmen. Die Paint Pots in der Nähe konnten wir leider nicht besuchen, da der Parkplatz geschlossen und der übliche Wanderweg nicht begehbar war. Die Fahrt führte uns weiter dem Fluss entlang, wo wir kurz vor unserem heutigen Ziel in Radium doch noch einen Bären (vermutlich wieder ein Grizzly) mit Jungen sahen. Leider war es auch hier nicht möglich, einen Stopp zu machen, da es auf diesem Strassenabschnitt ausdrücklich untersagt war, irgendwo anzuhalten. Schliesslich führte die Strasse steil ins Tal hinunter, einige Notspuren für versagte Bremsen führten von der Strasse weg und wieder den Hang rauf, bis wir an den Thermalbädern vorbeifuhren und durch einen Felsdurchbruch den Ort Radium vor uns hatten. Als erstes suchten wir nach unserem Campingplatz Redstreak, welcher sich auf einem Hügel oberhalb des Ortes befand. Auf der Zufahrtstrasse fuhren wir an einigen jungen Dickhornschafen vorbei. Der Campingplatz war unbemannt und kaum besetzt, so dass wir die Qual der Wahl hatten, welchen Standplatz wir für die kommende Nacht wählen würden. Mit Campingstühlen markierten wir unsere gewünschte Bleibe. An den verschiedenen Wegen weg vom Campingplatz wurde mit Warnschildern auf Bären aufmerksam gemacht und wir erinnerten uns an den Artikel in der Zeitung in Banff, in dem davon gesprochen wurde, dass hier Bären auf dem Gelände gesichtet worden seien. Als nächstes gönnten wir uns zum Zmittag ein Subway-Sandwich bevor wir gestärkt zu den Thermalbädern fuhren. Unsere Kinder freuten sich riesig baden zu gehen. Zunächst genossen wir ein ausgiebiges Bad im „kalten“ Pool, wobei Alina fleissig die steile Rutschbahn runter rutschte, tauchte und sich austobte. Flurin genoss es, herumzuplanschen und machte ein paar vorsichtige Schwimmversuche. Später wärmten wir uns noch im „heissen“ Pool auf. Dieser war wirklich heiss, so dass wir uns langsam an die Temperatur gewöhnen mussten und nach einiger Zeit freiwillig am Beckenrand sassen. Erstaunlicherweise hatten sich die Kinder rasch an die Wärme angepasst. Alle Viere waren wir kaum mehr aus dem Wasser zu bringen, spürten wir dadurch doch auch unsere Müdigkeit. Irgendwann schafften wir es dann doch noch. Zurück im Ort besuchten wir kurz das schöne Visitor Centre und den daneben liegenden, grosszügigen Mountain Freshfood-Market, welche beide im dunkeln sassen, denn es gab einen längeren Stromunterbruch. Im Laden konnten wir somit nur Cash bezahlen und wir wurden gebeten, nur das Nötigste einzukaufen, was an der Kasse mit dem Taschenrechner zusammengezählt werden musste. Zurück am Campingplatz suchten wir an der unbemannten Holzstelle kleine Holzstücke, um bei späterer Gelegenheit doch noch ein Barbecue hinzubekommen. Wir waren alle sehr müde. Viel essen mochte niemand, viel mehr zog es alle ins Bett. Bestimmt werden wir diese Nacht gut schlafen.

Lake Louise Golden